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Achtung: rote Guerilla

Nach der App für den Online-Wahlkampf hat sich die „Projektgruppe Mobilisierung“ der SPD etwas ganz Spezielles für den Straßenwahlkampf ausgedacht. Wie diverse „Insider“ berichten, brachte die Wahlkampfgruppe der SPD einen internen Leitfaden mit dem Titel „Erst durchatmen, dann durchstarten“ für ihre Wahlkämpfer auf den Straßen Deutschlands heraus. Hier ein paar Ideen der Kreativschmiede, um am Ende eventuell doch noch bei den Wählern zu punkten:

 

Bild 2

Bild: Welt-Online berichtete am 25. Juni 2009 über den Wahlkampf der SPD

 

Aktion 1: Winter im Sommer. Soziale Kälte.

Fall es im September zu einer schwarz-gelben Regierungsbildung kommt, können wir uns gleich warm einpacken, denn es wird soziale Kälte herrschen. Das ist die Message. Und so werden die Straßenaktionisten – in Wintermäntel und Mützen, Handschuhen und Schals eingepackt – in Deutschlands Fußgängerzonen vor der neuen Eiszeit warnen. Schaut man sich die Temperaturen des bisherigen Sommer einmal an, dann müssen einem die Wahlkämpfer nicht mal wirklich leid tun. 

Aktion 2: Grillen für die Solarenergie.

Ausgestattet mit einem Solargrill und solarbetriebenen Ventilator-Basecaps werden die Wahlkämpfer das nicht nur politisch ausgehungerte Volk demnächst an ihren Ständen mit Infos nebst Bratwurst versorgen. Keine schlechte Idee, hoffentlich scheint die Sonne. Obwohl das wiederum ungünstig wäre für Aktion 1!

Aktion 3: Mit den Konservativen geht die soziale Gerechtigkeit baden.

Bewaffnet mit Planschbecken, Schwimmring und Gartenschlauch  wird die Einkaufszone in ein Freibad umfunktioniert. Ein Transparent: „Mit uns geht die Bildung nicht baden!“ – wir können uns sogar sehr bildlich vorstellen, wer stattdessen baden geht. Ein erfrischendes Vergnügen, bestimmt nicht nur für die Wahlkämpfer in Wintermontur! Finden wir ganz großartig und freuen uns drauf!!! 🙂

Aktion 4: Luftballonaktion.

Gähn! 99 Luftballons, oder wie? Nein, von wegen. Natürlich steigen die Luftballons metaphorisch für alles, was bislang tief unten weilt. Die Löhne beispielsweise, oder auch die Steuern. Und wenn die 99 Luftballons dann alle auf einmal starten, bringt das auch Aufmerksamkeit. „Schau mal, 99 rote Luftballons. Da gibt es bestimmt ne SPD-Wahlkampfveranstaltung, lass mal etwas planschen gehen!“ Verbunden wird die Aktion auch mit einem Weitflug-Wettbewerb mit Preisen, was den Gewinner erfreuen wird. Wer da nicht alles auf Rot setzt, trägt selber Schuld.

Aktion 5: Kinonacht.

Die SPD setzt auf Openair Kino. Da sind wir gespannt, ob die SPD dort Geschmack zeigt. Vorschläge kann man bestimmt gern anbringen. Wie wäre es mit: „Meuterei auf der Bounty“?

Aktion 6: SPD-Schirmverleih.

Ort: am Wasser, Freibad, Fußgängerzone. Am Besten also genau neben Planschbecken und Gartenschlauch positionieren. Oder schön im Freibad Wernersee (Berlin Marzahn). Die brauchen mal ein bisschen mehr Rot! Achtung: Lebensgefahr!

Aktion 7: Sommer-Schecks für Daheimgebliebene.

„Liebe Hartz-IV Empfängerinnen und Empfänger. Schön, dass Sie sich in diesem Sommer die Wahlkampfveranstaltung der SPD als Reiseziel ausgesucht haben und nicht in die Toskana geflogen sind. Dafür erhalten Sie von der SPD einen Daheimgebliebenen-Scheck in Form einer roten Postkarte, mit der Sie Ihren Eltern einen lieben Gruß von Daheim schicken können! Herzlichen Glückwunsch!“

Oder so ähnlich?

Aktion 8: Sport, Wettkämpfe, Turniere.

Lassen Sie doch Ihrem Unmut über die politischen Zustände im Kräftemessen mit den Straßenwahlkämpfern der SPD mal freien Lauf. Neben Federball und Seilspringen steht auch Boxen auf dem Programm!

Aktion 9: SPD-Eis.

Ob Sie wollen oder nicht, Rot schmeckt gut! Und so verteilt die SPD wohl wahlweise Erbeer- oder Himbeereis in Waffeln und mit Soße auch an die, denen Schoko, Blaubeere, Vanille oder Waldmeister besser schmecken! 

Aktion 10: Handpuppentheater.

Aufgeführt wird das Stück: Frank-Walter und Angie verliefen sich im Wald….

 

Spaß beiseite. Wir sind wirklich sehr gespannt, wie sich dieser Guerilla-Wahlkampf gestalten wird und freuen uns auf all jene unter den Straßenwahlkämpfern, die Lust haben, über Ihre Erlebnisse auf der Strasse in unserem Blog zu berichten. Bei Interesse einfach bei uns melden!

 

Anja

Neue App für SPD-Wahlkampfreporter

Der Onlinewahlkampf setzt auf immer ausdifferenzierte Technik. Jetzt hat die SPD als erste deutsche Partei von A&B FACE2NET eine iPhone-Applikation entwickeln lassen, die einen Datenaustausch mit Wahlreportern ermöglichen soll.

iPhone App der SPD

SPD-affine Bürger können sich die Applikation herunterladen und darüber mit ihrem iPhone aufgenommene Fotos von Wahlkampfszenen direkt an die SPD senden. Bild, Beschreibung und der Name des Fotografen wird kurze Zeit später auf wahlkampf09.de präsentiert. Über GoogleMap lassen sich alle Fotos nach Wunschort anzeigen.

Die App für das iPhone ist dabei nur der Anfang, lässt Dietrich Boelter, Geschäftsführer der Agentur verlauten, und begegnet damit potentiellen kritische Reaktionen:

„Dass wir unsere ersten Schritte im mobile Campaigning auf das iPhone konzentriert haben, sei uns verziehen. Irgendwo muss man eben anfangen. Die Besitzer anderer netzfähiger Telefone bitten wir um ein wenig Geduld – eine dot-mobi-Anwendung ist in Arbeit, damit bekommen wir die Ausweitung des mobilen SPD-Wahlkampfes auf alle Mobiltelefone mit Internetzugang hin. Und über neue Twitter- und Facebook-Features für ein mögliches Update von iSPD denken wir natürlich auch schon nach.“

Jetzt bleibt es spannend, inwieweit die anderen Parteien angesichts der weniger als 100 verbleibenden Tage bis zu den Bundestagswahlen noch technischen aufrüsten werden. Und: Ob die SPD sich durch technische Raffinessen bei der Netzgemeinde doch noch ein paar Sympathiepunkte abholen kann – nach dem Negativ-Dämpfer durch die Netz-Sperre.

Sonja

„Das beste Argument gewinnt“

Unter diesem Motto – besonders relevant im Wahljahr 2009 – starten am 25. Juni 2009 die zweiten Berliner „Seitensprünge“. Dabei handelt es sich keinesfalls um einen gemeinschaftlichen Ehebruch Berliner Pärchen, sondern um den Tag der politischen Kommunikation, an dem die Branche, die die Politik rund um das Regierungsviertel berät, ihre Türen öffnet um sich und ihre Arbeit der Öffentlichkeit vorzustellen und die Fragen rund um politische Kommunikation zu beantworten. Parteien, Ministerien, Verbände, Unternehmen, Medien und Agenturen wollen auf diesem Weg eine Plattform bieten, auf der sichtbar wird, was genau politische Kommunikation für die Demokratie leistet. Insgesamt laden 50 Stationen zum Kennen lernen ein, darunter Einrichtungen wie das Bundespresseamt, die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), die FDP-Bundesgeschäftsstelle aber auch die Berliner Agentur Newthinking Communications.

Quelle: fischerAppel

Im letzten Jahr nutzten rund 1000 Besucher die Möglichkeit, sich über den Arbeitsalltag politischer Kommunikation zu informieren. Auch in diesem Jahr wird mit einer großen Besucherzahl gerechnet. Die Teilnahme am Event ist kostenfrei. Anmeldebögen und weitere Informationen zu den teilnehmenden Einrichtungen, zum Programm und den Stationen des Tages finden sich unter www.seitensprünge-berlin.de.

Der Vorwärts – die Parteizeitung der SPD – ist ein weiterer Unterstützer der Seitensprünge 2009 und sucht für die Berichterstattung über das Event noch politikinteressierte Berliner Blogger. Wer sich angesprochen fühlt, kann sich hier dafür anmelden.

„Und jetzt benehmen sie sich alle wie kleine Obamas“: WKA im Interview mit Andrea Nahles

Im Vorfeld der Bundestagswahlen 2009 traf Jan Andrea Nahles zu einem Interview. Bei dem Gespräch mit der stellvertretenden SPD-Parteivorsitzenden, das aufgrund der Länge als dreiteilige Serie veröffentlicht wird, lag der Fokus auf dem Dialog mit den Bürgern, dem Engagement, sich im Internet zu engagieren, Kontrollverlust und knappen Zeitressourcen.

Wie erklären Sie sich den Run auf das Internet im Kontext des Wahljahres 2009?

Einfach durch die User. Als ich im Deutschen Bundestag 1998 mit der Politik begann, habe ich in meinem Wahlkreisbüro E-Mail-Unterricht für ältere Parteimitglieder gemacht und habe händeringend darum gebeten, dass ich mehr E-Mailadressen in meine Verteiler bekomme. Weil das einfach unschlagbar preiswert war. Wenn ich daran denke, dass ich damals noch circa die Hälfte meiner Korrespondenz per Post aufgegeben habe, so ist das auch ein Kostenfaktor. Also haben wir auch die Älteren, die skeptisch gegenüber dem Medium waren, systematisch in Kursen, auch am Wochenende, langsam an das Internet herangeführt.

Mittlerweile ist es gar kein Thema mehr. Es gibt keinen einzigen der hier vor Ort in meiner Partei aktiv ist, der keinen E-Mail-Anschluss hat. Das heißt: In den letzten 10 Jahren hat sich die Möglichkeit Menschen so zu erreichen schlichtweg verdreifacht oder vervierfacht – jedenfalls aus meiner Sicht völlig verändert. Durch diesen Anstieg der Userzahlen – auch bei älteren Menschen – kann ich als Politiker die Bürger besser erreichen. Darauf bin ich angewiesen. Das ist so ganz simpel. Ich will möglichst viele Menschen erreichen.

Andrea Nahles

Werden Sie stärker über E-Mails oder über die Post kontaktiert?

Immer auch noch über den klassischen Postweg. Obwohl ich noch sehr viel Post bekomme, ganz klassisch, ist es aber so dass, wenn man das abzählen würde, die E-Mails sich in einem Verhältnis von 65 zu 35 Prozent zur Briefpost bewegen – also doch deutlich Übergewicht haben. Weiterlesen

Umfrage: Wie sieht ein FDP-ler aus?

Kann man an Habitus, Haltung, Kleidungscodes etc. tatsächlich (noch) die Parteizugehörigkeit ablesen? Oder sind es schlicht Stereotypen, die bei der Zuordnung von Bildern zu einer bestimmten Partei wirken? Michael Scharkow und Flavia Bleuel von der Universität der Künste Berlin haben zur Zeit eine kleine Umfrage laufen, bei denen zwanzig Portraitfotos von Abgeordneten einer Partei, einer Region sowie Listenkandidatur oder Direktwahl durch den Wahlkreis zugeordnet werden müssen – politisch unkorrekt soll das Urteil dabei einfach auf den ersten Blick gefällt werden. Bei Guttenberg war die Zuordnung ja noch einfach – teilweise verfällt man aber eher in ein „Vielleicht“/Random-Antwortverfahren. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse!

Partei

Virale Spielchen: Professionalisierung des Polit-Marketings

Statt sprechender Köpfe schicken die Parteien nun auch animierte Witzfiguren ins Rennen um die Aufmerksamkeit. Und es gelingt: Virale Videos wie die desaströse Raserei von Saarlands amtierendem Ministerpräsident Peter Müller (CDU) und Linksparteichef Oskar Lafontaine werden tausende Male – bis dato 18.000 Mal – geklickt und weiterverschickt.

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Die Wahlkampflektion wird hier per Anschauungsunterricht vermittelt: Während Müller und Lafontaine sich mit ihren Autos und schmutzigen Tricks ohne Rücksicht auf Materialverlust ein Wettrennen liefern, wird am Ende des Spots der Erlöser vor dem Weltuntergang präsentiert: „Bevor es kracht, muss Schluss sein mit dieser Raserei. Nur Heiko Maas steht für diesen Neuanfang“. Metapher und Aktion statt konkrete Aussagen, verständlich und einprägsam das Fazit.

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Vom Produkt zur Story

Der Spot der SPD ist ein Beispiel für eine „Professionalisierung“ der politischen Kommunikation – die Wahlkampfwerbung orientiert sich immer stärker am kommerziellen Werbestil. Was letzten Endes nicht verwundert, da die Parteien von renommierten Werbeagenturen durch den Wahlkampf geleitet werden, die andernorts routiniert Produkte und Unternehmen bewerben. So zeichnet sich die Evolution der Werbelandschaft – von dem Produkt im Mittelpunkt der Kommunikation bis zur Verdrängung von Materie durch Storytelling – auch im politischen Sektor ab. Ob es also um den neuen Audi-Spot geht, bei dem ein Mann auf Carving-Skiern durch San Francisco rast oder um den Konkurrenzkampf der politischen Kontrahenten: Konkretisiert wird das, um was es eigentlich geht, erst am Schluss. Oder auch: Von hinten durch die Brust ins Auge.

Die Übertragung von Marketingstrategien in die politische Arena mag zwar für einen höheren Unterhaltungswert beim Publikum sorgen. Am Ende wird jedoch bestätigt, was nicht unbedingt wünschenswert ist: Wer die emotional überzeugende Geschichte vorzuweisen hat, gewinnt – abseits jeglicher Argumente. Ob Waschmittel oder politischer Kandidat – beide erscheinen letzten Endes (bewertet man nur auf Basis von Wahlkampfwerbung) völlig austauschbar.

Sonja