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Hasenpower für Deutschland!

Rot/Rot, Rot/Grün, Schwarz/Gelb, Schwarz/Grün, Jamaika oder Ampel? Wirklich verführerisch ist keine dieser Vorstellungen über Deutschlands mögliche Regierungskoalitionen. Da kommt wie gerufen pünktlich zum Start des Wahlkampfes Abhilfe aus den Tiefen des Rhein-Kreises Neuss in Nordrhein Westfalen. Die ‚HSP’ – Horst Schlemmer Partei: konservativ, liberal und links zugleich. Wer braucht da noch Koalitionen? Wir brauchen nur Horst Schlemmer, und der wird unser nächster Bundeskanzler, sagt der jedenfalls reichlich überzeugt von sich selber mit reichlich übergroßen Hasenzähnen. Na, da weißt Du Bescheid!

Horst Schlemmer, ehemaliger Chefredakteur des Grevenbroicher Tagesblattes, war seines Bürojobs überdrüssig und beschloss, in die Politik zu gehen. Er gründet gemeinsam mit seinem Praktikanten (nein, es ist nicht der ZDF-Kanzler Jakob Schrot) die ‚HSP’, die nun bei den Bundestagswahlen 2009 antritt, und schickt sich selber als horstigen Kanzlerkandidaten ins Rennen, der unter anderem Grevenbroich zur deutschen Hauptstadt machen will. Aber nicht nur das. Sein Wahlprogramm hat er immer in seiner Herrenhandgelenktasche bei sich. Damit es niemand sieht? So viel sei versprochen: es wird alles besser!

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Horst Schlemmer auf die Frage, ob er Angst vor Angela Merkel hat:

„Nö. Die hat sicher schon so ’nen Hals. Aber: Wir von der ,HSP‘ sind konservativ, durchaus bürgerlich, aber auch liberal. Wir sind auch link – nicht zu links! Noch im Rahmen des … Grunddings! Innerhalb der Verfassungsgefahr. Da sind wir drin. Unseren Wahl-Slogan haben wir von dem US-Präsidenten Alabama. ,Yes weekend! Für alle und immer!‘ Mehr Freizeit, weniger Steuern!‘“

Wie heutzutage üblich, ist auch Schlemmer auf der Suche nach neuen Unterstützern, Freunden und Wählern in ganz Deutschland unterwegs. Und nicht nur dort. Auch in den Social Networks und auf seiner Webseite – die nur geringfügig an die einer großen deutschen Partei angelehnt ist – kann man sich über die HSP informieren und vor allem den grandiosen Wahlwerbespot anschauen. Der Wahlkampf startet am 20. August 2009, allerdings vorerst nur in den deutschen Kinos.

 

Na dann, viel Dynamik

wünscht die Wahlkampfarena  😉

Exkurs: Parlamentswahlen in Argentinien

Nach einem aggressiven Wahlkampf ist es nun soweit: Am heutigen Sonntag finden die argentinischen Parlamentswahlen statt. Echtes Vertrauen in (eine neue) Politik existiert jedoch – unabhängig vom Ausgang der Wahlen – nicht.

Bei den Parlamentswahlen wird ein Drittel der Senatoren – 24 von insgesamt 72 (jeweils drei aus den acht Provinzen Catamarca, Chubut, Córdoba, Corrientes, La Pampa, Mendoza, Santa Fe, and Tucumán) und die Hälfte der Abgeordnetensitze (127 von 257) neu bestimmt. Fast 28 Millionen Wahlberechtigte geben heute ihre Stimme ab – und obwohl die jetzige Regierung nicht wirklich beliebt ist, finden viele Argentinier, dass es keine echte Alternative gibt. Ihren Unmut können sie nicht einmal durch Abstinenz von der Wahlurne ausdrücken – in Argentinien sind alle Staatsbürger per Gesetz zur Wahl verpflichtet.

Zumindest dem medialen Politzirkus haben sich einige entzogen. „In den letzten Wochen habe ich den Fernseher nicht mehr angemacht“, so eine Argentiniern mit deutschen Wurzeln, „überall Wahlkampf und alle sagen das Gleiche“. In 50 Jahren habe er keinen Wahlkampf erlebt, in dem ein Großteil der Medien auf einem so hohen Aggressionsniveau Stellung bezogen hätte, schreibt auch Marcelo Capurro, der Herausgeber der gesellschaftspolitischen Wochenzeitschrift Debate. Weiterlesen

Achtung: rote Guerilla

Nach der App für den Online-Wahlkampf hat sich die „Projektgruppe Mobilisierung“ der SPD etwas ganz Spezielles für den Straßenwahlkampf ausgedacht. Wie diverse „Insider“ berichten, brachte die Wahlkampfgruppe der SPD einen internen Leitfaden mit dem Titel „Erst durchatmen, dann durchstarten“ für ihre Wahlkämpfer auf den Straßen Deutschlands heraus. Hier ein paar Ideen der Kreativschmiede, um am Ende eventuell doch noch bei den Wählern zu punkten:

 

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Bild: Welt-Online berichtete am 25. Juni 2009 über den Wahlkampf der SPD

 

Aktion 1: Winter im Sommer. Soziale Kälte.

Fall es im September zu einer schwarz-gelben Regierungsbildung kommt, können wir uns gleich warm einpacken, denn es wird soziale Kälte herrschen. Das ist die Message. Und so werden die Straßenaktionisten – in Wintermäntel und Mützen, Handschuhen und Schals eingepackt – in Deutschlands Fußgängerzonen vor der neuen Eiszeit warnen. Schaut man sich die Temperaturen des bisherigen Sommer einmal an, dann müssen einem die Wahlkämpfer nicht mal wirklich leid tun. 

Aktion 2: Grillen für die Solarenergie.

Ausgestattet mit einem Solargrill und solarbetriebenen Ventilator-Basecaps werden die Wahlkämpfer das nicht nur politisch ausgehungerte Volk demnächst an ihren Ständen mit Infos nebst Bratwurst versorgen. Keine schlechte Idee, hoffentlich scheint die Sonne. Obwohl das wiederum ungünstig wäre für Aktion 1!

Aktion 3: Mit den Konservativen geht die soziale Gerechtigkeit baden.

Bewaffnet mit Planschbecken, Schwimmring und Gartenschlauch  wird die Einkaufszone in ein Freibad umfunktioniert. Ein Transparent: „Mit uns geht die Bildung nicht baden!“ – wir können uns sogar sehr bildlich vorstellen, wer stattdessen baden geht. Ein erfrischendes Vergnügen, bestimmt nicht nur für die Wahlkämpfer in Wintermontur! Finden wir ganz großartig und freuen uns drauf!!! 🙂

Aktion 4: Luftballonaktion.

Gähn! 99 Luftballons, oder wie? Nein, von wegen. Natürlich steigen die Luftballons metaphorisch für alles, was bislang tief unten weilt. Die Löhne beispielsweise, oder auch die Steuern. Und wenn die 99 Luftballons dann alle auf einmal starten, bringt das auch Aufmerksamkeit. „Schau mal, 99 rote Luftballons. Da gibt es bestimmt ne SPD-Wahlkampfveranstaltung, lass mal etwas planschen gehen!“ Verbunden wird die Aktion auch mit einem Weitflug-Wettbewerb mit Preisen, was den Gewinner erfreuen wird. Wer da nicht alles auf Rot setzt, trägt selber Schuld.

Aktion 5: Kinonacht.

Die SPD setzt auf Openair Kino. Da sind wir gespannt, ob die SPD dort Geschmack zeigt. Vorschläge kann man bestimmt gern anbringen. Wie wäre es mit: „Meuterei auf der Bounty“?

Aktion 6: SPD-Schirmverleih.

Ort: am Wasser, Freibad, Fußgängerzone. Am Besten also genau neben Planschbecken und Gartenschlauch positionieren. Oder schön im Freibad Wernersee (Berlin Marzahn). Die brauchen mal ein bisschen mehr Rot! Achtung: Lebensgefahr!

Aktion 7: Sommer-Schecks für Daheimgebliebene.

„Liebe Hartz-IV Empfängerinnen und Empfänger. Schön, dass Sie sich in diesem Sommer die Wahlkampfveranstaltung der SPD als Reiseziel ausgesucht haben und nicht in die Toskana geflogen sind. Dafür erhalten Sie von der SPD einen Daheimgebliebenen-Scheck in Form einer roten Postkarte, mit der Sie Ihren Eltern einen lieben Gruß von Daheim schicken können! Herzlichen Glückwunsch!“

Oder so ähnlich?

Aktion 8: Sport, Wettkämpfe, Turniere.

Lassen Sie doch Ihrem Unmut über die politischen Zustände im Kräftemessen mit den Straßenwahlkämpfern der SPD mal freien Lauf. Neben Federball und Seilspringen steht auch Boxen auf dem Programm!

Aktion 9: SPD-Eis.

Ob Sie wollen oder nicht, Rot schmeckt gut! Und so verteilt die SPD wohl wahlweise Erbeer- oder Himbeereis in Waffeln und mit Soße auch an die, denen Schoko, Blaubeere, Vanille oder Waldmeister besser schmecken! 

Aktion 10: Handpuppentheater.

Aufgeführt wird das Stück: Frank-Walter und Angie verliefen sich im Wald….

 

Spaß beiseite. Wir sind wirklich sehr gespannt, wie sich dieser Guerilla-Wahlkampf gestalten wird und freuen uns auf all jene unter den Straßenwahlkämpfern, die Lust haben, über Ihre Erlebnisse auf der Strasse in unserem Blog zu berichten. Bei Interesse einfach bei uns melden!

 

Anja

Neue App für SPD-Wahlkampfreporter

Der Onlinewahlkampf setzt auf immer ausdifferenzierte Technik. Jetzt hat die SPD als erste deutsche Partei von A&B FACE2NET eine iPhone-Applikation entwickeln lassen, die einen Datenaustausch mit Wahlreportern ermöglichen soll.

iPhone App der SPD

SPD-affine Bürger können sich die Applikation herunterladen und darüber mit ihrem iPhone aufgenommene Fotos von Wahlkampfszenen direkt an die SPD senden. Bild, Beschreibung und der Name des Fotografen wird kurze Zeit später auf wahlkampf09.de präsentiert. Über GoogleMap lassen sich alle Fotos nach Wunschort anzeigen.

Die App für das iPhone ist dabei nur der Anfang, lässt Dietrich Boelter, Geschäftsführer der Agentur verlauten, und begegnet damit potentiellen kritische Reaktionen:

„Dass wir unsere ersten Schritte im mobile Campaigning auf das iPhone konzentriert haben, sei uns verziehen. Irgendwo muss man eben anfangen. Die Besitzer anderer netzfähiger Telefone bitten wir um ein wenig Geduld – eine dot-mobi-Anwendung ist in Arbeit, damit bekommen wir die Ausweitung des mobilen SPD-Wahlkampfes auf alle Mobiltelefone mit Internetzugang hin. Und über neue Twitter- und Facebook-Features für ein mögliches Update von iSPD denken wir natürlich auch schon nach.“

Jetzt bleibt es spannend, inwieweit die anderen Parteien angesichts der weniger als 100 verbleibenden Tage bis zu den Bundestagswahlen noch technischen aufrüsten werden. Und: Ob die SPD sich durch technische Raffinessen bei der Netzgemeinde doch noch ein paar Sympathiepunkte abholen kann – nach dem Negativ-Dämpfer durch die Netz-Sperre.

Sonja

Wer stellt wo die Fragen?

Wie sie bestimmt schon gemerkt haben, gibt es seit einigen Wochen ein neues Debattiertool auf freitag.de: die WahlkampfarenaDort können Sie gesellschaftspolitisch relevante Fragen anbringen, über die wichtigste Frage abstimmen, natürlich Ihre Meinung zum Thema abgeben und Meinungen anderer User kommentieren und so die Debatte starten. Das Wesentliche ist jedoch, dass SIE die Fragen stellen, die Sie bewegen und über die Sie sich gern mit anderen Usern aus der Community austauschen möchten.

Ganz anders, aber auch charmant, läuft es beim YouTube-Channel zur Bundestagswahl 2009. Dort stellen Politiker die Fragen ans Volk, und zwar die Spitzenkandidaten der Parteien im Bundestag.

So zum Beispiel fragt Gregor Gysi Sie danach, wie Sie das Zusammenleben der Menschen besser gestalten würden. Und Jürgen Trittin fragt nach Ihren  Anregungen zur Lösung des Atommüllproblems. Haben Sie eine Idee? Dann posten Sie doch eine Videobotschaft als Antwort. Richtige Debatten kommen dort zwar nicht auf, aber dafür gibt’s ja schließlich auch die Wahlkampfarena 🙂

Bald gibt’s Kanzler

Nicht genug, dass wir uns mit „Germany’s Next Topmodel“ nun auch noch mit „Germany’s Next Showstars“ plagen müssen. Demnächst wird es auch „Germany’s Next Chancelor“ geben. Die politische Talentshow im ZDF – eher bekannt unter dem Namen „Ich kann Kanzler“ (Die Wahlkampfarena schrieb dazu hier am 17.02.2009) – kürt am Freitag den ersten wahren Medienkanzler Deutschlands!
Die Show, die im Februar 2009 startete, hat inzwischen 6 Finalisten hervorgebracht. Allesamt unter 35 Jahren. Damit hat das ZDF auch erreicht, was es wollte. Einen Obama braucht das Land. Einer, der talentiert und genug politisch motiviert ist, etwas umzustoßen im Land. Einer, der es schafft, die Jugend wieder zum Urnengang zu bewegen. Einer, der uns zeigt, dass auch Deutschland „cool“ sein kann.
Auf der Webseite der Show haben die Kandidaten die Möglichkeit, sich und ihr Anliegen vorzustellen und mit hochkarätigen Paten aus der echten Politik aufzutrumpfen. In kurzen Videos präsentieren sie sich und üben sich schon mal im Reden schwingen.

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Über 2500 Kandidaten bewarben sich, um bei „Ich kann Kanzler“ mitzumachen. Schließlich geht es ja auch um was: dem Gewinner winkt neben einem Praktikum im Bundestag – wahrscheinlich als Bundeskanzlerpraktikant – nebenbei auch noch ein Monatsgehalt von zarten 21792 Euro (!), welches jedoch nicht bar ausgezahlt, sondern in ein persönliches Projekt des Gewinners gesteckt wird.
Die 6 Finalisten, die es bis in die Endrunde geschafft haben, wurden durch eine Jury (Anke Engelke, Günther Jauch, Henning Scherf) ausgewählt. Natürlich wird der Kanzler selbst vom Volk gewählt, in diesem Fall den Zuschauern der Sendung, die am 19. Juni live übertragen wird.

Laut ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender soll die Talentshow jedoch nicht dem Prinzip der Model und Sing-Shows folgen, sondern einen öffentlich rechtlichen Bildungsauftrag erfüllen und so vor allem junge und politisch desinteressierte Menschen ansprechen. Über einen spielerischen Weg in einem jungen Format sollen den Zuschauern so Themen wie Politik und Demokratie vermittelt werden.
Brender betonte ausdrücklich, dass dem Gewinner der Show zweifelsfrei KEIN politisches Amt in Sinne des Titels der Sendung zukommen wird. Schade eigentlich, denn die jungen Kandidaten wirken motivierter als die Eminenzen im Bundestag.

Alle Hintergrundberichte, Analysen und Interviews zum Thema Medienkanzler gibt’s natürlich auf der Website der Show beim ZDF.

Sie meinen es ernst!

Die geringe Wahlbeteiligung zur Europawahl sagt eines klar und deutlich: So geht es nicht weiter! Ob nun Grün, Gelb-Blau, Rot oder Schwarz – was für einen Unterschied macht’s am Ende? Also sind viele Wähler am letzten Sonntag gleich mal zu Hause geblieben.

In Schweden jedoch zog nach der EU-Wahl eine kleine Partei ins Parlament, die für viele Bürger eine Alternative darstellen könnte. Die schwedische Piratpartiet holte sich satte 7,1 % der Wähler-Stimmen und kann nun 18 Abgeordnete ins EU-Parlament schicken. 

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Auch in Deutschland ist die Piratenpartei längst keine Unbekannte mehr. Allerdings sprechen wir hierzulande nur von einerm Wahlergebnis von rund 0,9 % bei der EU-Wahl. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Nach eigenen Angaben sind die Piraten schon in 11 der 16 deutschen Bundesländer gesegelt und haben dort unter dem Motto „Klar zum Ändern“ ihre Landesverbände aufgebaut. Was bei der Europawahl für die – immerhin erst seit 2 Jahren bestehende – Piratenpartei Deutschland noch etwas mau aussah, soll sich zur Bundestagswahl ändern. Abhilfe schafft vielleicht ihre Wahlkampfplattform, auf der sich das Parteiprogramm, die Kandidaten und ein Blog finden, in dem dann zum Beispiel zu Unterschriftensammlungen aufgefordert wird, damit sich die Partei zu den nächsten Wahlen aufstellen lassen kann.

Bei diesen Piraten geht es allerdings weniger um Rum und Raub, als um Themen wie das Urheberrecht/nicht-kommerzielle Vervielfältigung, Privatsphäre und Datenschutz, Patentregelungen, die Transparenz von Verwaltung und Politik, Open Access oder Freie Kommunikation.

 

Wer die Piratenpartei unterstützen möchte, findet unter den oben stehenden Links weitere Informationen zu ihnen.

 

Anja

Was bisher geschah: Politcamp09

Das Politcamp09 ist vorbei und es stellt sich die Frage, welche Erkenntnisse aus dem Barcamp im Radialsystem V gezogen werden konnten. Hier unsere subjektive Zusammenfassung des Wochenendes, die auch einige Implikationen für unser Projekt enthielt:

Testing der Wahlkampfarena

Nach Problemen mit dem Internetzugang (was nach der re:publica `09 langsam zur Tradition wird), konnten wir die Baby-Betavariante der Wahlkampfarena in einer Session am Samstag letztendlich doch live vorstellen und durchtesten. Die Wahlkampfarena ist eine auf freitag.de lokalisierte politische Debattierplattform, bei der Politiker und Politikinteressierte Fragen generieren, bewerten und mit Pro- und Contra-Argumenten debattieren können. Wöchentlich wird eine Frage, die Freitagsfrage, welche die meisten Debattenteilnehmer für relevant halten, prominent diskutiert. Unser Ziel war es, einen Dialog auf Augenhöhe zu schaffen, bei dem der politischen Einweg- und Wahlkampfkommunikation eine inhaltliche Debatte gegenübergestellt wird. Wir hatten das Glück, bei der Session auf sehr interessierte, aktive Zuhörer mit vielen Fragen zu stoßen, die uns wichtiges Feedback gegeben haben. Impressionen des Publikums finden sich zum Beispiel auf dem Blog der Wahlschlepper  oder bei Patrick Jedamzik. Diskutiert wurde unter anderem die Entscheidung, sich bei der Kennzeichnung der Parteisympathisierung sowie der statistischen Darstellung des Meinungsklimas nur auf die großen Parteien zu konzentrieren (was auch bei uns im Vorfeld sehr intensiv diskutiert wurde und letztendlich aufgrund der Übersichtlichkeit und der Relevanz für die Wahlen geschah). Auch eine Öffnung nach außen gegenüber Blogs und sozialen Netzwerken in Form von Widgets, die beabsichtigt, jedoch bisher noch nicht umgesetzt werden konnte, fand Unterstützung. Demnächst wird die Wahlkampfarena in der Beta-Phase dann offiziell gelauncht und wir sind gespannt auf Euer Feedback!

Testing des Facebook-Games

Im Rahmen der Session „Facebook im Wahlkampf sinnvoll einsetzen“ von Oliver Zeisberger, bei der in Co-Produktion mit allen Interessierten ein Zehn-Punkte-Plan für den politischen Einsatz von Facebook aufgestellt wurde, konnte Sven am Sonntag dann noch das Facebook-Game „Bundesregierung 2.0“ vorstellen. Was in Bewegtbild ab Minute 30 manchmal etwas kompliziert klingt, ist im Zusammenhang mit der Wahlkampfarena erklärt, ein ganz simples Prinzip: Über das Facebook-Game öffnet sich die Wahlkampfarena gegenüber dem sozialen Netzwerk und setzt auf einen spielerischen Zugang zu Politik. Jeder kann sich aus seiner Freundesliste bei Facebook ein Kabinett zusammenstellen, die Schlagkräftigkeit der Regierung resultiert aus der Beliebtheit der einzelnen ernannten Minister (Wie oft wird jemand von anderen für ein bestimmtes Amt vorgeschlagen?) sowie aus der möglichst korrekten Vorhersage, wie die Pro- und Contra-Stimmanteile für die Freitagsfrage der Woche aussehen, die jeder Minister wöchentlich treffen kann. Das Facebook-Game kann ebenso wie die WKA in Kürze online getestet werden.

Das Barcamp-Prinzip

Das Barcamp-Prinzip ist eine Wundertüte, die die Teilnehmer zwingt, zur morgendlichen Abstimmung zu erscheinen, um über das Programm abzustimmen und nicht die wichtigsten Sessions zu verpassen. Mit den Programmen für Samstag und Sonntag wurde eine Vielfalt von Themen abgedeckt. Was sich dahinter verbarg, wurde teilweise erst vor Ort greifbar. Mit drei Sessions sehr dominant vertreten war Oliver Zeisberger von der Web-Agentur Barracuda, der Thorsten Schäfer-Gümbel und die hessische SPD im Wahlkampf begleitet hatte, und unter anderem die TSG-Strategie vorstellte, was durch den Vortrag von den Koch-Unterstützern des Webcamp09 ergänzt wurde. Nach der Wahl ist vor der Wahl: Die kleinen Seitenhiebe der beiden Kontrahenten ließen Wahlkampfstimmung aufkommen. Aufschlussreich beim Vortrag von Zeisberger waren vor allem die Anekdoten am Rande – wie es dazu kam, dass er eine Nachricht für TSG verschickte oder dass Wer-kennt-Wen eine Maximalgrenze von 5.000 nur 4.000 Freunden hat und nun 1.500 Wannabe-Friends auf Thorsten Schäfer-Gümbels Gunst warten müssen.

Die „Elefanten-Session“ am Sonntag vereinte als Promi-Veranstaltung die Wahlkampfmanager der Parteien – Halina Wawzyniak (DIE LINKE), Kajo Wasserhövel /SPD), Robert Heinrich (Bündnis90/ Grüne), Stefan Hennewig (CDU) und Thomas Scheffler (FDP) – sowie den allseits bekannten Politikblogger Markus Beckedahl von netzpolitik.org. Patrick Brauckmann kristallisierte treffend das (auch nicht besonders neue) Fazit heraus, dass die Bedeutung des Online-Engagements im Wahlkampf erkannt wurde, Web 2.0-Instrumente auch für die interne Parteienkommunikation extrem sinnvoll sind und jeder Politiker selbst entscheiden muss, welche Kanäle zu ihm passen, und welche er sinnvoll und regelmäßig bespielen kann. Die große Herausforderung besteht darin, bei relativ knapp bemessenem Budget Offline- und Onlinemaßnahmen zu verknüpfen, um den Wähler letztendlich an die Urne zu geleiten.

Grundsätzlich war bei den Vorträgen oft wenig bahnbrechendes Neues dabei, teilweise überwog auch die Selbstdarstellung den tatsächlichen Informationsgehalt. Stefanie Sifft zog in ihrem Vortrag und in einem Beitrag bei Netzpolitik das Resümee, dass die Netzgemeinde immer noch sehr selbstbezogen und elitär diskutiere und fordert allgemeinverständliche Einmischungen und Engagement im realen (Politik-)Geschehen. Auf diesem Weg war das Politcamp, als Forum für Netz-, Politikinteressierte und Politiker, sicher ein richtiger und wichtiger Schritt – gerade die Zwischenräume zwischen den Sessions boten die Möglichkeit, Netzwerke verschiedener Akteure zu erzeugen. Wer weitere Erkenntnisse aus den Sessions ziehen konnte, möge diese doch bitte als Ergänzung in den Kommentaren posten!

Regeln vs. Regelbruch

Eine starke Nachfrage gab es (neben den Reizwörtern „Obama“, „Twitter“ und „Authentizität“) auch in Bezug auf Regeln und Guidelines für das Internet, da besonders Politiker Angst haben, falsch zu agieren. Auch hier gilt wieder: Nur wer die Regeln kennt, kann ebendiese brechen. Der Regelbruch erscheint dann aber wiederum als Königsdisziplin, und trennt die, die etwas tun, weil sie sich gerne experimentelle Wege eröffnen, von denen, die etwas korrekt absolvieren, weil es alle tun. Was wiederum dafür spricht, dass sich Web 2.0 und Politik 2.0 – zumindest von Seiten der Politiker – immer noch in einer Testversion befinden. Wir sind gespannt, wie es weitergeht.

Amerikanische Verhältnisse in Deutschland?

Zumindest für das in letzter Zeit häufig so schön betitelte „Superwahljahr 2009“ gilt diese Aussage ganz bestimmt. Der US-Wahlkampf 2008 hat es vorgemacht: um neue Wähler zu gewinnen, reichen nicht mehr nur ausgetrocknete Wahlkampfveranstaltungen in Buxtehude. Die Strategien für den Wahlkampf weiten sich auch in Deutschland auf das Internet als neues Leitmedium aus. Doch lassen sich innovative Mittel à la Barack Obama so einfach auf die deutsche Politik anwenden?

DFPK

Das 5. Düsseldorfer Forum Politische Kommunikation (DFPK) fragt nach und hat für den 3. – 5. April 2009 zahlreiche Experten aus Politik, Wissenschaft und der Medienbranche eingeladen, um auf der Fachtagung über dieses Thema zu diskutieren. Unter den Gästen der Podiumsdiskussion im Palais Wittgenstein, die den Auftakt zur Veranstaltung gibt, finden sich u. a. Hans-Jürgen Beerfeltz (Bundesgeschäftsführer der FDP), Norbert Robers von der WAZ und Prof. Dr. Barbara Pfetsch von der FU Berlin.

Nicht nur Experten, sondern auch solche, die es einmal werden wollen, bekommen auf dem DFPK ihre Chance: Nachwuchswissenschaftler und Studenten aus der Politik- und der Kommunikationswissenschaft werden sich mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten und Projekten im Rahmen einer Tagung dem fachkundigen Publikum stellen.

Das DFPK wird als Plattform wissenschaftlicher Forschung von den Studierenden des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf organisiert. Das „Call for Paper“ ist leider schon abgelaufen. Wer sich für das Thema Politische Kommunikation im deutschen Wahljahr 2009 interessiert, kann jedoch sowohl bei der Podiumsdiskussion als auch bei der sich anschließenden Tagung dabei sein.

Informationen zum 5. Düsseldorfer Forum Politische Kommunikation unter www.dfpk.de

Anja

Blogger im politischen Diskurs – WKA im Interview mit dem Blogforscher Dr. Jan Schmidt

Dr. Jan Schmidt vom Hans-Bredow-Institut über politische Blogger, den Professionalisierungsgrad der deutschen Blogosphäre und die Rolle von Weblogs im Wahlkampf 2009

Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web aus wissenschaftlicher Perspektive: Der Soziologe und Kommunikationswissenschaftler Dr. Jan Schmidt ist Referent für digitale interaktive Medien und politische Kommunikation am Hans-Bredow-Institut und hat sich auf die Erforschung der Blogosphäre spezialisiert. Seine Erkenntnisse über die Vielfalt von Weblogs und Bloggern, Nutzungspraktiken und Veränderungen gesellschaftlicher Bereiche durch das Social Web veröffentlicht er auch auf seinem eigenen Blog schmidtmitdete. Im Interview mit der Wahlkampfarena geht es um die Spezies der politischen Blogger, den Professionalisierungsgrad der deutschen Blogosphäre sowie um das Potential von Blogs als politisches Gewicht oder Medium einer Gegenöffentlichkeit.

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